Wie gehe ich am Arbeitsplatz mit der sexuellen Vielfalt um? Wie wähle ich die richtige Anrede für meine Kolleg:innen? Woher kommen Berührungsängste, die für viele mit der Begegnung mit dem Thema Gender einhergehen? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Thomas und Thomas in der aktuellen Podcast-Episode bei Permanent Change. Die beiden Coaches und Transaktionsanalytiker holen sich einen Kollegen und Experten für LGBTQIA+ zu Hilfe: Ein Interview mit Dr. Daniel Masch.
Im Dschungel des Regenbogens
Was ist Trans überhaupt? Darauf hat Daniel Masch gute Antworten: „Für trans gibt es sehr unterschiedliche Sichtweisen. Im Prinzip gilt es für Personen, für die das ursprünglich zugeordnete Geschlecht nicht mehr richtig ist. Es sind eben alle Menschen, die nicht binär sind, also die sich eine andere Möglichkeit zwischen A und B suchen, angesprochen zu werden. Dafür gibt es eine ganze Menge Alternativen. Trans ist da nur eine ganz grobe Kategorisierung“, erläutert der Leiter der Beratungsstelle Checkpoint Queer in Lüneburg. „Menschen helfen, durch den Dschungel des Regenbogens durchzusteigen – das ist so mein Ding“, fasst er prägnant seine Mission zusammen. Der 38-Jährige hat Lehramt studiert, in pädagogischer Psychologie promoviert, ist Transaktionsanalytiker und leitet seit neun Jahren die Beratungsstelle für trans- und nicht binäre Menschen. Hier trifft Daniel täglich Menschen, für die sexuelle Identität nicht von Anfang an eine Selbstverständlichkeit ist. Und die hat mit der persönlichen Identität viel zu tun. In der Gesellschaft ist die Cis-Heteronormativität am meisten verbreitet. Deswegen, so erfährt Masch immer wieder, sei das Umfeld Menschen gewohnt, die sich mit ihrem ursprünglich zugeordneten Geschlecht (cis) identifizieren und heterosexuell agieren. Erleben sie dann bei anderen eine Abweichung zwischen der Identität und dem Geschlechtsausdruck, kann das zum Problem werden.
Auch am Arbeitsplatz machen sich solche Herausforderungen bemerkbar. Viele verstecken sich in ihrer wahren geschlechtlichen Identität, bemerkt Masch. „Sie werden unsichtbar, lackieren sich nur abends auf dem Sofa die Nägel und machen nach zwei Stunden alles wieder rückgängig, damit sie sich am nächsten Tag auf der Arbeit wieder in der Heteronormativität verstecken können“, erzählt er aus der Praxis. „Daher kommen viele psychosomatische Leiden und Stress.“
Einen respektvollen Arbeitsplatz schaffen
Was also können Organisationen anbieten, um Menschen aus ihren Dilemmata herauszuhelfen? „Es ist wichtig zu verstehen, dass Personen mit einer anderen sexuellen oder geschlechtlichen Identität als Cis-Hetero sehr viel Energie darauf verwenden, auf sich aufzupassen, wenn sie ihr wahres Ich verstecken“, sagt Masch. Deshalb sei vor allem das Gefühl, sich am Arbeitsplatz outen zu können, unglaublich befreiend. Endlich die Ausbildung mit dem richtigen Namen und dem richtigen Pronomen machen! Wichtig für Menschen mit einer anderen sexuellen Identität als Cis-Hetero:
- Nicht exotisieren oder auf ein Podest stellen
- Sie selbst sein lassen
- Ein Umfeld anbieten, in dem sie ihre Arbeit machen können, ohne sich verstellen zu müssen
- Offen und unaufgeregt auf den Wunsch, bei einem bestimmten Namen und Pronomen genannt zu werden, eingehen
- Auf genderisierende Sprache verzichten: „Liebes Team/Hallo Lisa Müller statt Liebe Damen und Herren“.
Kolleg:innen, die das nicht gewohnt sind, dürfen gern unsicher sein und Fehler machen. „Das Wichtigste ist“, so Masch, „sich bei einer falschen Ansprache kurz zu entschuldigen und keine große Sache draus zu machen. Reagiert die Person mal ungehalten, dann bist du vielleicht schon der 13. heute, der misgendert.“ Transaktionsanalytisch betrachtet ist das ein prima Beispiel für Rabattmarken. Nach wiederholter falscher Ansprache, fliegt einem die Person um die Ohren. Das muss nicht persönlich gemeint sein, sondern es geht eher um die Heteronormativität. Da könne man auch mal einen Schritt zurücktreten, tief Luft holen und erkennen, dass es sich hier nicht um einen persönlichen Angriff handelt.
Vor allem Führungskräfte sollten unaufgeregt auf Transitionsprozesse reagieren. In der Personalakte kann eins stehen, auf dem Namensschild was anderes. Das bedeutet für das jeweilige Teammitglied unheimlich viel. Darüber hinaus sollten Chef:innen laut Masch persönliche Informationen unbedingt vertraulich behandeln, abstimmen, mit wem Transitions-Themen besprochen werden dürfen, und erfragen, was die Person in der jeweiligen Situation braucht.
Bewusst und offen auf eine buntere Welt zugehen
Daniel Masch setzt sich dafür ein, dass alle Personen individuell behandelt werden – eben wie Trans-Personen. In diesem Sinne steht für Thomas & Thomas fest:
- Die Welt wird immer bunter und offener. Das kann uns darin bestärken, mit guter Bewusstheit darauf zuzugehen
- Wir brauchen eine neue Haltung, nämlich Respekt und gegenseitige Akzeptanz. Die OK/OK-Haltung aus der Transaktionsanalyse kann uns hier weiterhelfen
- Das direkte Gespräch ist eine gute Lösung: offen sein und nicht exotisieren
- Lasst uns aufrichtig interessiert ineinander sein
- Wir glauben, dass Empathie eines der wichtigen Social Skills ist und sein wird
Lust auf mehr? Dann wendet Euch für Gespräche über die Regenbogen-Community an Thomas und Thomas. Außerdem findet Ihr auch bei der Fuelbox Gutes für Teams und Führung. Bleibt dran und hört auch nächstes Mal wieder rein bei Permanent Change.