Ist Personaldiagnostik noch zeitgemäß?

Permanenter Wandel bringt deutschen Unternehmen zurzeit personell vor allem eins: Fachkräftemangel und die Schwierigkeit, neue Mitarbeitende zu finden. In dieser Situation ist es besonders wichtig, im Einstellungsprozess von Anfang an richtig zu liegen. Außer der gegenseitigen Enttäuschung eines Scheiterns in der Probezeit, kostet ein personeller Fehlgriff sehr viel Zeit und Geld. Thomas & Thomas beschäftigen sich in Episode 27 des Permanent Change Podcasts mit bekannten und erfolgversprechenden Methoden zur Personaldiagnostik.

Worum geht es bei Personaldiagnostik?

Thomas Wehrs, der als Berater bereits zahlreiche Recruitment-Verfahren begleitet hat, fasst zusammen: „Personaldiagnostik ist eine Möglichkeit, Menschen und ihre Fähigkeiten und Potenziale sicht- und greifbar zu machen. Das geht auf verschiedene Weisen: Das Assessment Center ist ein Beispiel, das viele kennen.“ Hier werden an einem Tag verschiedene Stationen aufgebaut, die die Kandidat:innen für eine Stelle durchlaufen. In den unterschiedlichen Situationen zeigen sie, wie sie reagieren, kommunizieren und sich verhalten. Hier wird künstlich und ausdrücklich auch Stress aufgebaut, um die Reaktionen der Teilnehmer:innen zu testen. Kann der Bewerber für den Entwickler-Job zwischen wichtig und unwichtig, zwischen dringend und weniger zeitkritisch unterscheiden? Verliert die Kandidatin für die Führungsstelle bei einem schwierigen Personalgespräch die Fassung? Hat der potenzielle Vertriebler Kunden gegenüber ein vertrauenswürdiges und überzeugendes Auftreten?

Neben Assessment Centern kennen Personalexperten Rollenspiele, strukturierte und persönliche Interviews sowie Online-Verfahren, um die Persönlichkeit und die Potenziale einer Person einzuschätzen. Dabei geht es weniger um die fachlichen Kompetenzen, die über den Lebenslauf sowie Referenzen belegt und bereits im Vorfeld abgeklärt sind.

Was bringen die bekannten Werkzeuge der Beurteilung von Bewerber:innen?

Die Teilnahme an einem Assessment Center gilt als Einverständnis dafür, sich von verschiedenen Seiten zu zeigen. Das Bild bleibt aber eine Momentaufnahme. Thomas meint: „Der Erfolg eines Assessment Centers hat viel mit der Qualität der Beobachter zu tun. Das Bild, das ich selbst von Menschen habe, färbt meine Beobachtung.“ Das liegt am sogenannten Bezugsrahmen, bekannt aus der Transaktionsanalyse. Thomas Wehrs erklärt: „Das ist die innere Landkarte, mit deren Hilfe wir uns in der Welt zurechtfinden. Sie enthält unsere Werte, Erfahrungen, Glaubenssätze und andere Aspekte.“ Geht eine Führungskraft oder ein/e Recruiter:in mit einer offenen, reflektierten und neutralen Haltung in den Beobachtungsprozess, kann das gelingen. Manche sind jedoch von der eigenen Firmenkultur oder früheren Erfahrungen geprägt und begrenzen sich bei der Einschätzung von Kandidat:innen auf vorgefertigte Erwartungen. Wer nicht ins Bild passt, fliegt raus. Einseitige Beobachtung kann auch in persönlichen Interviews fehlschlagen. Unser „Unconscious Bias“, die unbewussten Vorurteile, können uns bei diesen Werkzeugen der Personaldiagnostik im Weg stehen.

Wie lassen sich vorprogrammierte Meinungen umgehen?

Aus ihren Erfahrungen als Coaches und Berater wissen Thomas & Thomas, wie sich das Risiko für Fehlentscheidungen aufgrund der „inneren Landkarte“ reduzieren lässt:

  • Mehrere Beobachter einsetzen. So kommen verschiedene Meinungen zusammen. Die Gruppe kann sich über die verschiedenen Perspektiven austauschen, reflektieren und sie ausbalancieren.
  • On-site und Online-Verfahren kombinieren. Online werden Bewerber:innen etwa aufgefordert, sich in aller Ruhe über Ressourcen-Analysen selbst einzuschätzen, während sie im persönlichen Gespräch oder im Rollenspiel auf bestimmte Aspekte hin „getestet“ werden.
  • Die eigene Bewusstheit und Reflektionsfähigkeit trainieren. Wer an Personalauswahlverfahren beteiligt ist, sollte sich über seine Verantwortung in Bezug auf seinen Unconscious Bias im Klaren sein.
  • Externen Berater involvieren. Ein neutraler Blick von außen kann auch über unternehmenskulturelle Sackgassen hindurchsehen und wertvolle Aspekte einbringen.

Wünschen auch Sie sich Unterstützung, um den nächsten Rekrutierungsprozess erfolgreich abzuschließen und erhebliche Kosten einer Fehleinstellung zu vermeiden? Sprechen Sie die Berater und Coaches Thomas & Thomas hinter Permanent Change gern über ihre Homepage an. Thomas Wehrs hat einen Artikel zu den Konsequenzen von Fehlbesetzungen verfasst. Wie schwierig Führungskräfte es finden, die richtigen Kandidat:innen auszuwählen hat die Personalberatung Hays in einer Studie belegt. Weiterhin empfiehlt sich die Fuelbox für Inspiration zu wertvoller Kommunikation. Beim nächsten Mal geht es im Podcast um Konflikte im Wandel und Mediation. Thomas & Thomas im Interview mit Dr. Sascha Weigel, der in Leipzig das Institut INKOVEMA betreibt.

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