Höher-Schneller-Weiter? Sinnökonomie für Unternehmer:innen | Im Interview mit Goedele Mathyssen

Du fühlst Dich vom täglichen Hamsterrad ausgelaugt, Dir fehlt die Motivation und Dir ist morgens schon länger kein guter Grund zum Aufstehen mehr eingefallen? Dann hat sich Dir höchstwahrscheinlich die Frage nach dem Sinn aufgedrängt. Menschen fühlen sich von sinnvoller Tätigkeit mit höherem Nutzen magisch angezogen. Ein glanzvolles Beispiel dafür liefern Goedele Mathyssen und ihr Ehemann Peter Bienstman mit ihrer Confiserie Felicitas in der Lausitz. Lausche einer Inspiration vom Feinsten im Permanent Change Podcast

Zwei Belgier ziehen von Nigeria in die Lausitz

Eine belgische Krankenschwester und Hebamme und ihr Mann, der als Betriebswirt und Ingenieur ausgebildet ist, lieben hochwertige Pralinen. So weit, so normal. Ein Entwicklungsprojekt bringt das junge Paar nach Nigeria. Da fällt in Deutschland die Mauer. Goedele Mathyssen und Peter Bienstman zieht es in die Lausitz, wo ihnen die großen und weiten Flächen sowie die Freiheit und Sicherheit des Landes gefallen. „Wir wollten in eine neue Welt aufbrechen, Chancen ergreifen“, erzählt Goedele, die nun bereits seit 31 Jahren in Brandenburg lebt. „Wir hatten den Drang nach was Besonderem, dem nicht Alltäglichen“, fährt sie fort. Obwohl Schokoladenherstellung weit von ihren Ausbildungsberufen entfernt liegt, fiel die Wahl auf eine Confiserie. „In Belgien sind wir damit aufgewachsen, dass man hochwertige Schokolade in kleinen Mengen kauft, serviert und genießt. Das erschien uns ganz natürlich – und als eine Marktlücke“, sagt Mathyssen über ihre Geschäftsidee.

Trotz Durststrecke durchgehalten

Doch auch wenn das Land weit, die Leute freundlich und die Währung nun D-Mark war, hatten die Banken für die Geschäftsidee der beiden Belgier nichts übrig. „Wir hatten selbst nicht genug Startkapital. Bei den Banken bekamen wir zu hören, dass die Leute nach der Wende erst einmal ihre Häuser umbauen und dann verreisen werden. Für teure Schokolade sei da kein Geld mehr übrig.“ Leider hatten sie recht. „Die ersten sieben Jahre waren eine lange Durststrecke. Dank unserer stillen Teilhaber in Belgien konnten wir weitermachen. Und dank der lieben Menschen in unserer Umgebung wie unserer Nachbarin Marie, die uns immer wieder Mut gemacht hat“, erzählt Goedele Mathyssen über drei Jahrzehnte später über diese schwierige Zeit. Heute ist Felicitas in der Region und weit darüber hinaus eine bekannte Marke. Die Firma beschäftigt 70 Mitarbeiter und stellt weiterhin alle Schokolade in Handarbeit in der Lausitz her.

Schokolade macht viele glücklich

Das könnte auch anders sein. Der große Erfolg von Felicitas gab dem belgischen Ehepaar mehrere Male die Möglichkeit, noch weiter zu expandieren. „Aber wir wollten keine Riesenhalle bauen und das Produkt belgische Pralinen als Massenproduktion herstellen. Dann merkt man gar nicht mehr, wer die Schokolade verkauft. Belgische Schokolade made in Brandenburg. Wir wollten unser Qualitätsprodukt so behalten“, sagt Mathyssen, die gemeinsam mit ihrem Mann weiterhin die Geschäfte leitet. Den beiden kam es immer darauf an, Schokolade in hoher Qualität in Handarbeit herzustellen. Davon sind sie in 30 Jahren nicht abgerückt. Auch wenn es jetzt ein paar Filialen mit eigener Manufaktur gibt, kennen sie alle 70 Mitarbeiter persönlich. Berater Thomas Lorenzen fragt nach den Führungsprinzipien des Unternehmerpaars. Mathyssen: „Wir haben eine sehr flache Hierarchie. Unsere Mitarbeiter sind wie eine zweite Familie. Wir leben hier, arbeiten hier, sind fast immer präsent. Wir möchten, dass alle wissen, wofür sie arbeiten. Klar muss Geld verdient werden, aber das wichtigste für uns ist: Die Firma soll so viele Menschen wie möglich glücklich machen. Das fängt bei den Mitarbeitern an.“

Das Leben mit der Schokolade teilen

Coach Thomas Wehrs möchte wissen, was die Eigentümer und Geschäftsführer von Felicitas persönlich antreibt. Über die Antwort auf diese Frage muss Goedele Mathyssen nicht lange nachdenken: „Spaß am Produkt, Kreativität, das Spiel mit der Qualität des tollsten Produktes der Welt. Mit gefällt auch die Verantwortung für die Firma, die Mitarbeiter, die Gäste. Ich liebe es, das Leben mit der Schokolade zu teilen.“ Das belgische Paar lebt wahrlich für die Schokolade. Einmal in Ruhe ein Babyjahr, davon hatte die dreifache Mutter Goedele Mathyssen geträumt. Daraus wurde nichts. Ihre Schokoladenfirma war immer dabei. Felicitas gilt in der Region als besonders familienfreundliches Unternehmen. „In einer Zeit, wo viel Arbeitslosigkeit herrschte, haben wir nur Frauen eingestellt“, erzählt die Unternehmerin. Für sie sei regionaler Bezug unheimlich wichtig. Das gelte für Mitarbeitende wie für Partner, Zutaten und den Strom, den sie auf dem eigenen Dach produzieren. „Schokolade mit Sonnenergie“, lacht Mathyssen. 

Belgische Schokolade als Lebenswerk

Schokolade macht zweifellos beim Naschen und beim Verschenken glücklich. Dass sie auch zwei belgische Unternehmer in der Lausitz sehr glücklich gemacht hat, ist Geschäftsführerin Mathyssen deutlich anzuhören. Ihr Erfogsrezept: „Sich selbst treu bleiben und authentisch. Man darf nicht versuchen, sich zu verstellen und zu verbiegen. Wertschätzung für das Anderssein.“ Das gelte auch für die Zusammenarbeit mit dem eigenen Ehemann: „Wir sind sehr verschieden. Er hat Stärken, die die Firma braucht, die ich brauche und das wertschätze ich.“

Zurück bleiben zwei begeisterte, schokoladenhungrige und (fast) sprachlose Podcast-Moderatoren.

Thomas Wehrs aus Berlin sitzt wahrscheinlich schon im Auto in die Lausitz, während Thomas Lorenzen aus Hamburg im Webshop einkauft. Die beiden Transaktionsanalytiker sind sich einig: So geht Sinn-Ökonomie für Unternehmer:innen!

An persönlichen Visionen für den eigenen Sinn arbeiten sie täglich in ihren Praxen mit Klient:innen. Nimm Kontakt zu ihnen auf, und lege den Grundstein für deine persönliche Sinn-Ökonomie.

Join the discussion

Subscribe